Donnerstag 6. August 2015, 18:30 Uhr
Campus Bockenheim, Studierendenhaus, Festsaal
Mit:
- Max & Markus (Antifa Kritik und Klassenkampf)
- **Daniel Beruhzi (SAV
- Sozialistische Alternative)**
- Thomas Seibert (Interventionistische Linke)
- **Mathias (Gruppe Arbeitermacht
- Liga zum Aufbau der 5. Internationale)**
Was ist eine linke, politische Organisation?
Trotz der vielen unterschiedlichen Strömungen und Tendenzen, ist der vielleicht wichtigste Streitpunkt der heutigen „Linken” die Frage der Organisation. Nach der Wirtschaftskrise von 2008 und ihren Nachwirkungen formierten sich, anschließend an den „Arabischen Frühling” und Occupy Wallstreet, verschiedene Projekte für eine „Linke Einheit” und post-politische Tendenzen, die in der Tradition der 1980er und 1990er Jahre stehen (diese Perspektiven fanden Ausdruck in Hardts und Negris Theorie des Empire, John Holloways „Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen”, das „Manifest des kommenden Aufstands” des Unsichtbaren Kommitees und das „Communique from an absent future” der kalifornischen Studierendenproteste). Zur selben Zeit formierte sich in Griechenland SYRIZA und in Spanien die neue Partei Podemos (welche die „Marxistische Linke” ebenso wie die etablierten Gewerkschaften als Teil der „politischen Kaste” ablehnt), während die Partei DIE LINKE sich scheinbar selbstsicher an Koalitionsregierungen beteiligt.
Parallel dazu wuchs die Krise der „orthodox marxistischen” Organisationen in den englischsprachigen und westeuropäischen Ländern, die charakterisiert wurde als die „Krise des (real-existierenden) Leninismus” in den weit entwickelten kapitalistischen Ländern.
Neue Publikationen wie das „Jacobin magazine”, „n+1” und das „Endnotes journal” traten unter dem Label „millenial Marxism” in Erscheinung. Damit in Beziehung stehend entwickelte sich eine Diskussion über das Vermächtnis der marxistischen Prinzipien politischer Organisation, zurückreichend in die Zeit der II. Internationalen 1889-1914 („Neo-Kautskyianismus”), beispielsweise in Lars Lihs „Revisionist History of Lenin” und dem Buch von Mike Macnair, Mitglied der Communist Party of Great Britain, mit dem Titel „Revolutionary Strategy” (2008).
Die vielleicht wichtigste Frage der sich eine internationale „Linke” heute gegenüber sieht, reicht zurück bis zu Marx Streit mit den Anarchisten in der I. Internationale: Was würde es für die Linke heute bedeuten, politisch in Aktion zu treten?
Dennoch scheint die „Organisationsfrage” für die Linke mehr Probleme zu erzeugen, als sie löst. Politische Organisierung erscheint unerlässlich für jede längerfristige Perspektive über das Auf-und Abebben von Bewegungen hinaus. Dennoch haben Organisationen und Parteien als Aggregat politischer Aktion und Unzufriedenheit, die auf die Revolution hinarbeiteten, in der Geschichte ein ambivalentes Erbe: Sie haben gleichwohl die Rationalisierung politisch ineffektiver Strategien wie auch die Schaffung eines Nährbodens für Opportunismus (Reformismus, Karrierismus etc.) ermöglicht. Heutzutage ist die Idee einer Organisation oder Partei als Mittel (und nicht als Selbstzweck), wodurch die Notwendigkeit zur Transformation der Gesellschaft vorangetrieben wird, theoretisch und praktisch schwer vorstellbar. Aus diesem Grundzustand - der Politik ohne Organisation - scheint gegenwärtig nur eine Affirmation der Unbeständigkeiten des fortwährend existierenden Kapitalismus’ zu folgen.